"Des Stadt- und Landboten früher Tod an Censurleiden" war die letzte Ausgabe vom 30. September 1834 überschrieben (Bild zum Vergrößern anklicken).


Mannheimer Stadt- und Landbote

(1. Jan. - 30. Sept. 1834)

Auf den badischen Pressefrühling des Jahres 1832 legte sich wie ein Eishauch die reaktionäre Kampagne nach dem Hambacher Fest. Bis Ende des Jahres 1833 mußten die Mannheimer wieder mit den vorsichtigen Tageblättern und der stockreaktionären "Mannheimer Zeitung" vorlieb nehmen. Am Neujahrstag 1834 brachte dann der Buchhändler Heinrich Hoff zum ersten Male den "Mannheimer Stadt- und Landboten" heraus, laut Untertitel "Tägliche Mittheilungen zur Unterhaltung und Belehrung aus dem Gebiete des öffentlichen Lebens, der Geschichte, der Industrie, des Handels, der Romantik, Literatur und Kunst".

Die Leser hatten ihre Erwartungen wohl etwas zu hoch geschraubt. Gleich in der zweiten Nummer verwahrte sich der Herausgeber dagegen, daß sein Blatt ein neuer "Wächter am Rhein" werden wolle. Wer zwischen den Zeilen zu lesen verstand, konnte dieser doppelsinnigen Beteuerung die Absicht entnehmen, im Rahmen der geübten Zensur ein fortschrittliches Blatt zu machen. Dazu bestand aber kaum Gelegenheit. Der Zensor scheint ständig auf der Lauer gelegen und jeden Anflug von Kritik getilgt zu haben. Was der Schere und dem Rotstift entging, sah dann so aus: "Weiteres zur Geschichte des Diamantenraubs in Brüssel", "Die Stadt Neapel (Fortsetzung)", "Der Hund als Lebensretter", "Concertbericht", "Begebenheiten und Charaktere des 16. Jahrhunderts", "Die Belagerung von Paris im Jahre 885", "Briefe aus der Residenz" und "Blutrache bei den Beduinen".

Bei dieser Art Lesestoff hätte es kaum der Versicherung bedurft, die in derselben Ausgabe abgedruckt war: "Der Stadt- und Landbote sieht sich veranlaßt, hiermit wiederholt zu erklären, daß er weder eine bestimmte Farbe noch Tendenz hat, und daß eben dies seine eigentliche Farbe und Tendenz ist."

Am 30. September 1834 strich Heinrich Hoff vor der Zensur die Segel. Auch die Abonnenten, die statt kitzliger Tendenz nur harmlose Unterhaltung geboten bekamen, hatten sich nicht in der erwarteten Zahl eingestellt, obwohl Hoff Prämien aussetzte: Wer 25 Halbjahresabonnements herbeischaffte, erhielt acht Gulden. Für fünfzig Abonnenten gab es zwanzig und für hundert Bestellungen fünfzig Gulden.

Die Überschrift des Abschiedsartikels - "Des Stadt- und Landboten früher Tod an Censurleiden" - trifft den Kern der Todesursache. Heinrich Hoff bekannte darin, er habe mit der "Gedankenzollinie" gerechnet, aber vorgehabt, "sein Bündel schon so einzurichten, daß es die Zollinie passieren könne". Dies sei aber ein Irrtum gewesen. Gerade weil das Bündel des Stadt- und Landboten so unverdächtig aussah, habe der Zensor noch hinter den unverfänglichsten Stellen Unrat gewittert.