Juli 2022

220712

ENERGIE-CHRONIK


Engie gibt Widerstand gegen Laufzeiten-Verlängerung für zwei belgische Reaktoren auf

Der französische Energiekonzern Engie (vormals GDF Suez), dessen Tochter Electrabel die belgischen Kernkraftwerke betreibt, hat seinen Widerstand gegen die von der Regierung am 18. März beschlossene Laufzeitenverlängerung für die beiden Reaktoren Doel 4 und Tihange 3 (220312) aufgegeben. Wie der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo am 22. Juli bekanntgab, hat man sich nach schwierigen Verhandlungen über die wichtigsten Konditionen geeinigt, unter denen Engie bereit ist, die beiden Reaktoren zehn Jahre länger zu betreiben. Sie werden demnach nicht 2025 stillgelegt, wie das ursprünglich vorgesehen war, sondern ein Jahr lang überholt und im November 2026 wieder in Betrieb genommen. Den Betrieb besorgt dann weiterhin Engie, aber nicht in der bisherigen Form, sondern über eine gemeinsame Gesellschaft, an der die belgische Regierung zu fünfzig Prozent beteiligt ist. Der "Rückbau" der Anlagen soll wie bisher Aufgabe des Betreibers sein. Noch ungeklärt ist dagegen, wer und in welcher Höhe die Kosten der Atommüllentsorgung übernimmt. Bisher ist nur eine Obergrenze vorgesehen, ab welcher der belgische Staat alle darüber hinausgehenden Kosten trägt. Die Höhe der voraussichtlichen Entsorgungskosten soll durch ein Gutachten ermittelt werden. Bei den dann beginnenden Verhandlungen über die Obergrenze ist Engie wiederum in einer recht komfortablen Position, da die Regierung das endgültige Verhandlungsergebnis bis zum Jahresende vertraglich fixiert haben möchte.

Bei den fünf anderen Reaktoren will der KKW-Betreiber keine Zugeständnisse machen

Die Laufzeiten-Verlängerung für die beiden Reaktoren hatte sich schon vor dem russischen Überfall auf die Ukraine abgezeichnet, da die neoliberal-populistische Partei "Mouvement Réformateur" (MR) den Ausstieg aus dem Atomausstieg verlangte, der vor 19 Jahren beschlossen wurde und die Stilllegung aller sieben Reaktoren an den beiden Standorten Doel und Tihange bis 2025 vorsah (030110). Aus Gründen des Koalitionsfriedens hatte sich daraufhin die Sieben-Parteien-Regierung schon im Dezember 2021 zu Konzessionen bereiterklärt, obwohl Engie widersprach und ausdrücklich das Festhalten am Ausstiegsfahrplan verlangte (211205). Die unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs zustande gekommene Verlängerung um zehn Jahre für die beiden neuesten und leistungsstärksten Reaktoren stellte die wallonischen Populisten aber nicht zufrieden, denn der MR-Vorsitzende Bouchez verlangte am 22. Juli per "Twitter", die Laufzeiten für weitere Reaktoren zu verlängern.

Engie ist indessen nicht zu weiteren Zugeständnissen bereit, sondern will am Stilllegungsplan für die fünf anderen Reaktoren an den beiden Standorten Doel und Tihange festhalten. Das musste auch die flämische Energieministerin Tinne van der Straeten von den Grünen erfahren, als sie Mitte Juli den Vorschlag machte, die im kommenden Herbst und Winter anstehende Stilllegung der beiden Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 um jeweils zwei Monate zu verschieben. Engie lehnte dies umgehend ab, weil die Brennelemente erschöpft seien und die Vorbereitung einer Verlängerung viel zu lange dauern würde.

 

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