Januar 2017

170113

ENERGIE-CHRONIK


 


Schwieriges Geschäft: Knapp ein Fünftel aller Haushalte bezog 2015 sogenannten Ökostrom. Die jährlichen Zuwachsraten haben aber deutlich nachgelassen, obwohl das grüne Schleifchen spottbillig zu haben ist. Wer in diesem Marktsegment mithalten will, muß mit eher kleineren Margen auskommen als sonstige Anbieter (siehe Tabelle).

Lichtblick lehnt sich an holländisches Unternehmen an

Der deutsche "Ökostrom"-Anbieter LichtBlick gehört künftig zur Hälfte dem niederländischen Energieunternehmen Eneco. Wie beide Unternehmen am 19. Januar bekanntgaben, übernimmt Eneco drei von sechs Sitzen im Verwaltungsrat von LichtBlick. Die neue Partnerschaft berühre jedoch nicht Management, operatives Geschäft und Marken beider Unternehmen, hieß es weiter. Diese Bereiche würden weiterhin selbständig geführt.

Das 1998 gegründete Unternehmen LichtBlick (991019) beliefert mehr als 650.000 Kunden mit "Ökostrom" und "Ökogas". Außerdem war es zeitweilig Anbieter von Mini-Blockheizkraftwerken (090902), vertreibt Batteriespeicher für den Hausgebrauch (150509) und entwickelte eine IT-Plattform zur Vernetzung dezentraler Kraftwerke, Speicher und Lasten (150412). Das Unternehmen mit Sitz in Hamburg beschäftigt 500 Mitarbeiter, erzielte 2015 einen Umsatz von 670 Millionen Euro und bezeichnet sich als "Deutschlands größter Anbieter für grüne Energie".

Neuer Miteigentümer gehört Rotterdam, Den Haag und anderen Städten

Eneco versorgt nach eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Firmen und Haushalte mit "nachhaltiger Energie". Der Schwerpunkt liegt auf den Niederlanden. Außerdem ist Eneco in Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Belgien aktiv. Der Geschäftsbereich umfaßt Energieerzeugung, Einkauf, Handel und Lieferung. Anteilseigner sind 53 niederländische Kommunen, wobei Rotterdam (31,69 %), Den Haag (16,55 %) und Dordrecht (9,05 %) die Mehrheit besitzen. Das Unternehmen erzielte 2015 einen Umsatz von fast 4,3 Milliarden Euro und ist auch mit 6.700 Mitarbeitern wesentlich größer als LichtBlick.

Beide Unternehmen wollen Dienstleistungen wie die Marktintegration und Optimierung von kleinen Blockheizkraftwerken künftig in weiteren Ländern anbieten. Weitere Felder für die gemeinsame Produktentwicklung sehen sie in den Bereichen Solar und Speicher, intelligentes Laden von Elektromobilien und in der Entwicklung von Lösungen, mit denen "Prosumer" in Zukunft ihre lokal erzeugte grüne Energie mit anderen "Prosumern" teilen könnten.

Geschäft mit "Ökostrom" bietet nur noch äußerst knappe Margen

Die Anlehnung von LichtBlick an Eneco dürfte damit zu tun haben, daß das Geschäft mit "Ökostrom" zunehmend schwieriger und unergiebiger wird. Laut Monitoringbericht 2016 der Bundesnetzagentur kostete der so etikettierte Strom pro Kilowattstunde nur Bruchteile eines Cents mehr als der normale Vertrag mit einem anderen Lieferanten. Im Vergleich mit Grundversorgungstarifen und Verträgen beim Grundversorger außerhalb der Grundversorgung war "Ökostrom" sogar um ein bis zwei Cent billiger. Der für "Energiebeschaffung, Vertrieb, sonstige Kosten und Marge" verbleibende Preisbestandteil war dagegen so gering wie bei keiner anderen Kategorie, wie die folgende Tabelle zeigt:

 


Durchschnittliche mengengewichtete Preise für Haushaltskunden je Vertragskategorie für das Abnahmeband zwischen 2.500 kWh und 5.000 kWh im Jahr sowie für "Ökostrom"-Kunden desselben Abnahmebandes

in Cent pro Kilowattstunde, Preisstand 1. April In 2016  

(Quelle: Monitoringbericht 2016)

Haushaltskunden insgesamt
Bezieher von "Ökostrom"
Preisbestandteil Vertrag beim Grundversorger im Rahmen der Grundversorgung Vertrag beim Grundversorger außårhalb der Grundversorgung Vertrag bei anderen Lieferanten
Mengengewichteter Mittelwert in Cent/kWh Anteil am Gesamtpreis in Prozent
Energiebeschaffung, Vertrieb, sonstige Kosten und Marge 8,06 6,74 5,9 5,8 20,5
Nettonetzentgelt 6 6,13 6,4 6,34 22,4
Entgelt für Abrechnung 0,35 0,31 0,31 0,38 1,4
Entgelte für Messung 0,09 0,08 0,08 0,13 0,5
Entgelte für Messstellenbetrieb 0,27 0,24 0,22 0,29 1
Konzessionsabgabe 1,72 1,62 1,49 1,6 5,7
Umlage nach EEG 6,35 6,35 6,35 6,35 22,4
Umlage nach KWKG 0,45 0,45 0,45 0,45 1,6
Umlage nach § 19 StromNEV 0,38 0,38 0,38 0,38 1,3
Umlage Offshore-Haftung 0,04 0,04 0,04 0,04 0,1
Stromsteuer 2,05 2,05 2,05 2,05 7,2
Umsatzsteuer 4,89 4,63 4,5 4,53 16
Gesamt 30,63 29,01 28,17 28,35 100

 

Der niedrige Preis für "Ökostrom" widerspiegelt die inflationäre Ausweitung des Handels mit entsprechenden Zertifikaten, die den Stromkunden einen ökologischen Mehrwert des bezogenen Stroms versprechen. Diese Zertifikate sind billig zu haben. Während "Ökostrom" anfangs ein Geschäft für Spezialanbieter war, verfügt heute praktisch jeder Stromversorger über dieses Etikett und versieht damit auf Wunsch sein ganz normales Stromangebot. Zugleich wurden die damit erzielbaren Margen aber kleiner, weil sich allmählich herumgesprochen hat, daß mit "Ökostrom"-Zertifikaten praktisch keine Förderung der regenerativen Stromerzeugung verbunden ist.

 

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