September 2009

Hintergrund

ENERGIE-CHRONIK




Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war noch nicht sicher, ob bei Straßenfahrzeugen dem Elektro- oder dem Verbrennungsmotor die Zukunft gehören würde: 1906 errichteten die damaligen Siemens-Schuckert-Werke in Berlin ein eigenes Werk für die Herstellung von elektrischen Fahrzeugmotoren und von Fahrzeugen mit Akkumulatorantrieb (Foto). Aber schon 1908 wurde die Produktion teilweise auf Benzinautos umgestellt und 1911 die Herstellung von Elektroautos ganz aufgegeben.

Das Elektroauto zwischen Batterie, Brennstoffzelle und Hybrid-Antrieb

(zu 090905)

Das Elektroauto erlebt derzeit einen neuen Schub. Wer in den vergangenen Monaten die Medien verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, sein Siegeszug habe bereits begonnen. Beispielsweise ließ sich das Nachrichtenmagazin "Focus" von der BDEW-Chefin Hildegard Müller versichern, die Stromwirtschaft sei für den zu erwartenden Mehrbedarf durch den Verbrauch der Elektroautos gerüstet. Und E.ON-Energie-Chef Klaus-Dieter Maubach entwarf im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen" bereits die Vision eines "ausgeklügelten flächendeckenden Netzes mit intelligenten Anschlüssen", an dem künftig soviele Elektroautos hängen werden, daß sie mit ihren Batterien die Lastschwankungen des Netzes abpuffern können.

Ganz schön flott: Mit dem "Tesla" wurde bewiesen, daß sich rasante Fahrleistungen heute bereits mit Batterieantrieb erzielen lassen. Mit rund 100.000 Euro ist er allerdings sehr teuer. Schon die Ersetzung der Lithium-Ionen-Batterie nach rund 500 Zyklen kann sich ein Normalverbraucher nicht leisten.
Pressefoto Tesla

Es erschien auch eine ganze Reihe von Fahrberichten, bei denen sich der Leser fragte, weshalb er noch immer ein benzingetriebenes Gefährt vor der Tür stehen hat. Etwa über den Elektro-Roadster von Tesla, der mit 250 PS in vier Sekunden von null auf hundert beschleunigt, eine Höchstgeschwindigkeit von 200 Stundenkilometern erreicht und angeblich mindestens 240 Kilometer weit fährt. Oder über Fahrzeuge wie den Renault Kangoo Be Bop Z.E., den Nissan Leaf und den Mitsubishi iMIEV, die eher für normale Geldbeutel gedacht sind.

Hat die Ära des Elektroautos tatsächlich begonnen? – Wer die Entwicklung auf diesem Gebiet etwas kennt, vermag die momentane Euphorie nicht so recht zu teilen, denn es gab in den letzten Jahren zwar graduelle Verbesserungen, aber keine wirklichen Durchbrüche. Das Grundproblem des Elektroautos – und es handelt sich hier tatsächlich um das einzige Hindernis, das seinem Siegeszug im Wege steht – ist weiterhin die mobile Stromversorgung. Weder Batterien noch Brennstoffzellen sind bisher so weit entwickelt, daß ein Elektroauto technisch und preislich mit dem herkömmlichen Benzinauto konkurrieren könnte.

Deshalb ist an der gegenwärtigen Begeisterung für das Elektroauto sicher vieles nur mediale Übertreibung. Es wird aber immerhin der Wille sichtbar, der Entwicklung des Elektroantriebs für Straßenfahrzeuge größere Bedeutung als bisher beizumessen. Alle großen Autohersteller entwickeln Prototypen und stellen die Serienfertigung in Aussicht. Zwar glaubt keiner, daß der Verbrennungsmotor bereits ausgedient habe und das herkömmliche Automobil schon in naher Zukunft vom Elektroauto abgelöst werde. Sie wollen sich aber rechtzeitig die Technologie sichern, und sei es nur als Nischenanwendung, bevor es andere tun. Das strategische Kalkül wird dabei beflügelt von der umweltpolitischen Diskussion und der Aussicht, einen Teil der Entwicklungskosten aus staatlichen Fördertöpfen bestreiten zu können.

Auch die Energiekonzerne sind lebhaft interessiert. Sie sehen sich bereits in der Rolle des Lieferanten für den Strom, den die Elektroautos in ihren Batterien speichern und verbrauchen werden. Wenn sich der Elektroantrieb mit Brennstoffzellen als die günstigere Lösung erweisen sollte, könnten sie ebenfalls als Energie-Lieferanten auftreten, denn der von den Brennstoffzellen benötigte Wasserstoff müßte aus Erdgas aufbereitet oder durch Elektrolyse gewonnen werden.

Elektroantriebe sind Verbrennungsmotoren grundsätzlich überlegen

Wie schon gesagt, ist das einzige echte Problem beim Elektroauto die Stromversorgung, nicht etwa der Elektroantrieb als solcher. Wenn es das Problem der Stromversorgung nicht gäbe, würde der Elektroantrieb längst auch die Straßen beherrschen. Denn er hat systembedingte Vorteile, mit denen Verbrennungsmotoren nicht mithalten können, obwohl sie inzwischen zu einer bewundernswerten Perfektion entwickelt wurden:

Im Oktober 2008 stellte der Porsche-Veredler Ruf eine Elektroversion des Gefährts aus Zuffenhausen vor, die dem "Tesla" nachempfunden ist: Der Drehstrommotor entwickelt eine Leistung bis zu 150 Kilowatt (204 PS). Das Fahrzeug beschleunigt in weniger als sieben Sekunden auf 100 km/h, hat eine Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h und soll je nach Fahrweise eine Reichweite von 250 bis 320 Kilometer ermöglichen. Der Motor ist mit 40,5 mal 24,1 Zentimeter und 91 Kilo Gewicht eher ein Winzling. Dafür wiegen aber die Lithium-Ionen-Batterien 550 Kilo und beanspruchen jeden Winkel des ohnehin platzarmen Gefährts (Grafik links). Nach Angaben von Ruf vertragen sie 3000 Ladezyklen und können rund 50 Kilowattstunden speichern.

Schon in den Anfängen des Automobils bestach der elektrische Antrieb durch seine Vorteile, zumal es nur wenig taugliche Straßen gab und Überlandfahrten noch die Ausnahme waren. 1893 stellte Edison mit dem "Electric Runabout" das erste Elektromobil vor, das in großen Stückzahlen gebaut wurde. An der Wende zum 20. Jahrhundert gab es in den USA mehr elektrische als benzingetriebene Personenwagen. Auch in Berlin fuhren viele Taxis mit Strom. Die Batterie wog allerdings zehn Zentner. Die Höchstgeschwindigkeit betrug etwa 30 km/h und der Aktionsradius endete spätestens bei 70 Kilometern.

Damals waren Elektrofahrzeuge noch auf Gleichstrom angewiesen, wie ihn die Batterie lieferte. Die moderne Stromrichtertechnik ermöglicht es inzwischen, den Gleichstrom aus Batterien oder Brennstoffzellen in Wechselstrom beliebiger Frequenz und Spannung umzuwandeln. Damit sind die Vorteile des Asynchronmotors oder frequenzgesteuerter Synchronmotoren auch für Elektroautos nutzbar geworden.

Zwei Lösungen für die Stromversorgung: Batterien oder Brennstoffzellen

Aber leider hapert es eben noch immer mit der notwendigen Stromzufuhr. Bei Schienenfahrzeugen ließ sich das Problem einigermaßen lösen, indem man sie über Schleifkontakte entlang von Oberleitungen oder besonderen Stromschienen mit elektrischer Energie versorgte. Dampflokomotiven sind deshalb inzwischen ausgestorben und dieselbetriebene Schienenenfahrzeuge eher die Ausnahme. Im Straßenverkehr lassen sich solche Oberleitungssysteme dagegen nur ansatzweise verwirklichen. O-Busse sind bis heute eine Rarität geblieben.

Für den Individualverkehr kam eine Stromversorgung durch Oberleitungen oder Stromschienen nie in Frage. Eine induktive Energieübertragung oder andere berührungsfreie Techniken bleiben vorerst Zukunftsmusik. Es führt deshalb kein Weg daran vorbei, den benötigten Strom an Bord des Fahrzeugs selbst zu erzeugen. Beispielsweise könnte man ein Art von dieselelektrischem Antrieb realisieren, indem ein Verbrennungsmotor einen Generator antreibt, der wiederum den Elektromotor speist. Tatsächlich spielt dieses Konzept bei der Konstruktion von sogenannten Hybrid-Fahrzeugen eine Rolle. Zur Grundidee eines durchweg leisen und abgasfreien Elektroautos, das seinen Strombedarf auch aus erneuerbaren Energien zu decken vermag, paßt es aber nicht so recht.

Es gibt deshalb momentan nur zwei gangbare Wege, ein Elektroauto unabhängig von externen Stromquellen in Fahrt zu bringen, und beide führen über die Elektrochemie: Im einen Fall sind dies Akkumulatoren, die aus externen Stromquellen aufgeladen werden und die gespeicherte Energie wiederum in Form von Strom an den Elektromotor des Fahrzeugs abgeben. Im anderen Fall wird die elektrochemische Energieumwandlung durch sogenanne Brennstoffzellen bewirkt, die als "tertiäre Batterien" ganz ähnlich funktionieren, aber den Strom unmittelbar aus der Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff erzeugen. Der Energievorrat braucht dabei nicht unbedingt in Form von Wasserstoff mitgeführt zu werden. Es könnte auch Erdgas oder ein anderer Kohlenwasserstoff sein.

Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Gemeinsam ist ihnen, daß sie beim gegenwärtigen Entwicklungsstand noch keine befriedigenden Lösungen bieten, um das Elektroauto wirklich konkurrenzfähig zu machen gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Beide Arten von elektrochemischen Energiewandlern sind größtenteils noch unausgereift und lassen viele Wünsche offen. Hinzu sind beide Systeme bisher noch enorm teuer. Zum Beispiel kostet bei einem leistungsfähigen Elektroauto allein der Batteriesatz soviel wie ein Klein- oder Mittelklassewagen.

Als aussichtsreichster Akku gilt derzeit die Lithium-Ionen-Batterie


So stellt sich die Stromwirtschaft die Zukunft des Elektroautos am liebsten vor: Die Fahrzeuge verfügen über Batterien als "Tank" und laden diese mit Strom aus dem Netz auf.
Pressefoto RWE

Bis Ende des 20. Jahrhunderts wurden für Elektrofahrzeuge fast ausschließlich Blei-Akkus verwendet. Diese robusten und billigen Akkumulatoren bieten eine jahrzehntelang erprobte Technik und werden wohl auch künftig dort ihren Platz behalten, wo es mehr auf die Leistungs- als auf die Energiedichte ankommt. In Autos mit Verbrennungsmotor besorgen deshalb noch immer Blei-Akkus die schwere Arbeit des Anlassens. Außerdem liefern sie den Strom für Zündung, Licht, Scheibenwischer, Radio, Klimaanlage, Fensterheber und andere Techniken. Ohne Strom und allerlei elektrische Hilfsantriebe läuft auch beim herkömmlichen Auto nichts.

Wenn Gewicht, Platzbedarf und Kosten keine Rolle spielen, lassen sich durch Zusammenschaltung von Blei-Akkumulatoren fast beliebige Stromstärken und Spannungen erzielen. Eine solche Situation gab es beispielsweise im früheren Westberlin, das als "Insel" inmitten der DDR vom westdeutschen Verbundnetz abgeschnitten war und seine Stromversorgung selbständig organisieren mußte. Für den Ausgleich von kurzfristigen Schwankungen zwischen Erzeugung und Nachfrage unterhielt das Verbundunternehmen Bewag damals eine gigantische Akkumulatoren-Anlage, die mit einer Leistung von 17 Megawatt die Frequenzhaltung unterstützen konnte.

Für den Antrieb von Straßenfahrzeugen taugen Blei-Akkumulatoren dagegen weniger. Ihre Energiedichte pro Masse oder Volumen ist einfach zu gering, um mit der Energiedichte eines gefüllten Benzintanks konkurrieren zu können. Sie liefern nur etwa 30 Wattstunden pro Kilogramm Bleigewicht. Für eine Kilowattstunde sind also rund dreißig Kilo erforderlich. Die Stromlieferung solcher Blei-Akkumulatoren reicht vielleicht noch aus, um Elektrokarren oder ähnliche Fahrzeuge über kurze Distanzen bewegen zu können. In den Anfängen des Automobils mochte das genügen. Die Ansprüche an moderne Personenwagens sind aber wesentlich höher. Gewicht und Volumen der erforderlichen Akkumulatoren nehmen dann so zu, daß aus dem Personen- oder Lieferwagen eher ein bleischwerer Batterietransporter wird.

Inzwischen ist es gelungen, verschiedene andere Akkumulatoren zu entwickeln, die eine höhere Energiedichte besitzen und deshalb weniger Gewicht bzw. Platz pro Kilowattstunde beanspruchen. Zu nennen ist hier vor allem die Lithium-Ionen-Batterie, auf die heute die meisten Entwickler von Elektroautos setzen. Außerdem gab und gibt es Versuche mit den Kombinationen Eisen-Nickel, Nickel-Kadmium, Natrium-Schwefel, Natrium-Nickelchlorid oder Nickel-Metallhydrid. Alle diese Akkumulatoren sind dem herkömmlichen Blei-Akku an Energiedichte überlegen. Sie bedeuten aber noch keinen grundsätzlichen Durchbruch, weil sie trotz aller Verbesserungen noch immer zu schwer und zu voluminös sind, um es mit der Energiedichte eines gefüllten Benzintanks aufnehmen zu können. Hinzu kommen je nach Batterietyp zusätzliche Probleme wie zu geringe Leistungsdichte, mangelnde Zyklenfestigkeit, notwendige Kühlung oder erhöhte Brandgefahr. Zum Beispiel verfügen Lithium-Ionen-Batterien zwar über eine erheblich größere Energiedichte als Blei-Batterien, sind diesen aber bei der kurzzeitig aktivierbaren Leistung unterlegen, was man durch Schaltungen mit sogenannten Super-Kondensatoren auszugleichen versucht.

Die Brennstoffzelle läßt ebenfalls noch viele Wünsche offen


Daimler-Chef Dieter Zetsche vor einem Mercedes der B-Klasse mit Brennstoffzellenantrieb. Der Elektromotor entwickelt bis zu 100 Kilowatt und beschleunigt das Fahrzeug in elf Sekunden auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 170 km/h angegeben. Der Wasserstoff-Tank, in dem sich der Kraftstoff unter einem Druck von 700 bar befindet, soll bereits in drei Minuten wieder gefüllt sein.
Pressefoto Daimler

Die andere Möglichkeit der Stromversorgung sind Brennstoffzellen. Diese elektrochemischen Zellen erzeugen Strom aus Wasserstoff, den sie – je nach Zelltyp – entweder in reiner Form aus einem Vorratsbehälter beziehen oder per "Reformation" aus Erdgas oder einem anderen Kohlenwasserstoff gewinnen. Der Energievorrat in Form von Wasserstoff, Erdgas oder Methanol befindet sich also außerhalb der Zelle, vergleichbar dem Tank eines Benzinautos. Ein Kilo Erdgas hat fast denselben Brennwert wie ein Kilo Erdöl. Ein Kilo Wasserstoff verfügt sogar über dreimal soviel Energie. Der Wirkungsgrad der Energieumwandlung ist bei der Brennstoffzelle wesentlich höher als bei einem Verbrennungsmotor. Die entstehene Abwärme kann zur Beheizung des Fahrzeugs dienen. Die "Abgase" bestehen lediglich aus Wasser.

Das hört sich vielversprechend an. Die Entwickler von Brennstoffzellen für Elektrofahrzeuge stehen aber vor mindestens so großen Problemen wie ihre Kollegen, die das Elektroauto mit Batterien in Fahrt bringen möchten. Zunächst einmal beanspruchen auch Brennstoffzellen viel Platz. Zum Beispiel wurde bei dem Brennstoffzellen-Transporter, den Daimler 1994 vorstellte, der Laderaum noch ganz von der Stromversorgungsstechnik ausgefüllt. Vor allem aber fehlt es den Produkten noch immer an der notwendigen Betriebssicherheit, Haltbarkeit, Handlichkeit und Preisgünstigkeit für den praktischen Einsatz. Bei der Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (PEMFC), die von der Autoindustrie wegen ihrer sonstigen Vorteile favorisiert wird, kann die grundsätzlich mögliche Umwandlung von Erdgas zu Wasserstoff nicht an Bord des Fahrzeuges erfolgen. Sie stellt nämlich sehr hohe Anforderungen an die Reinheit des Wasserstoffs, die im mobilen Einsatz nicht erfüllt werden können. Die Versuche mit Methanol (000919) haben anscheinend auch nicht den erhofften Erfolg gebracht. Daimler und andere Autokonzerne haben jedenfalls im September 2009 die Initiative "H2 Mobility" gestartet, die den Aufbau eines flächendeckenden Wasserstofftankstellennetzes vorantreiben soll (090905).

Die Wasserstoff-Versorgung wirft zusätzliche Probleme auf

Zu den eigentlichen Problemen mit der Brennstoffzelle kommen somit noch die beträchtlichen Schwierigkeiten bei der Versorgung der Fahrzeuge mit Wasserstoff. Dieser ist zwar das häufigste Element im Weltall, existiert aber wegen seiner Reaktionsfreudigkeit praktisch nur in gebundener Form. Um ihn aus diesen Verbindungen zu lösen - etwas aus Gas oder Öl - muß mehr Energie aufgewendet werden als der Wasserstoff hinterher wieder abzugeben vermag. Noch höher sind die Umwandlungsverluste, wenn er per Elektrolyse erzeugt wird, weil schon bei der Stromerzeugung erhebliche Verluste auftreten. Wasserstoff ist also kein originärer Energielieferant, sondern ein künstlich erzeugter Energieträger. Seine Verwendung für die Stromerzeugung ist eigentlich unsinnig, weil sich die Energie für seine Herstellung besser auf andere Weise in Strom verwandeln ließe. Sie ist lediglich dann zu rechtfertigen, wenn – wie beim Elektroauto – eine ausreichende Stromversorgung auf andere Weise nicht möglich ist.

Wasserstoff wird bereits in großen Mengen als Chemie-Rohstoff verwendet. Erzeugung, Transport und Anwendung sind jahrzehntelang erprobte Technik. Dennoch läßt er sich bei weitem nicht so einfach handhaben wie etwa Benzin. Seine Reaktionsfreudigkeit mit Sauerstoff und die sich daraus ergebende Explosionsgefahr ist noch das kleinere Problem. Um ihn in eine einigermaßen handliche Form zu bringen - etwas als Energievorrat an Bord eines Fahrzeuges – muß er unter starkem Druck in Stahlflaschen gepreßt oder bei minus 253 Grad Celsius verflüssigt und in wärmegedämmten Behältern gespeichert werden. Beides erfordert zusätzlichen Energieaufwand und erheblich höheren Platzbedarf als bei einem Benzintank. Die Verflüssigung beansprucht sogar etwa ein Viertel des Energieinhalts. Vergleichsweise kompliziert ist auch das Betanken der Fahrzeuge.

Der Aufbau eines Netzes von Wasserstoff-Tankstellen soll übrigens nicht nur der Versorgung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen dienen. Solche Tankstellen könnten zugleich einer neuen Generation von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor den Weg bereiten, die mit Wasserstoff statt mit Benzin fahren und deshalb abgasfrei sind. In Japan arbeitet Mazda an solchen Fahrzeugen, in Deutschland BMW. Die Umstellung des Verbrennungsmotors auf Wasserstoff bereitet keine Schwierigkeiten. Eine große Hürde stellt aber die ganze Peripherie dar, die zur Versorgung der Fahrzeuge mit Wasserstoff aufgebaut werden muß.

Vorerst haben Hybrid-Autos die größten Chancen


In der neuesten Version, die jetzt auf der Frankfurter Automobilausstellung gezeigt wurde, kann der
"Prius" zusätzlich aus der Steckdose aufgetankt werden. Ferner ist das Hybrid-Fahrzeug von Toyota nun in der Lage, etwa 20 Kilometer weit nur mit Batterie zu fahren.
Pressefoto Toyota

Wegen der skizzierten Probleme mit Batterien und Brennstoffzellen ist nicht zu erwarten, daß die herkömmlichen Fahrzeuge schon in Kürze von reinen Elektroautos abgelöst oder in größerem Umfang verdrängt werden. Daran ändern auch allerlei Behelfslösungen nichts. Beispielsweise der Vorschlag, das Elektroauto zunächst mal für Kurz- und Pendlerstrecken einzusetzen, für die der Aktionsradius ausreichend ist. Oder die Vermeidung von stundenlangen Aufladezeiten durch Austausch des leeren Akkus gegen einen vollen. Zu teuer bleibt die Sache allemal. Hinzu machen sämtliche Akkumulatoren nach einer bestimmten Zeit oder Zyklenzahl schlapp, wie jeder Autofahrer aus leidvoller Erfahrung mit dem normalen Blei-Akku weiß. Der Tesla-Fahrer steht dann vor der Wahl, ob er seinem elektrischen Flitzer einen neuen Batteriesatz spendiert oder sich für dasselbe Geld einen Sportwagen mit Verbrennungsmotor kauft...

Die größte Chance haben deshalb momentan sogenannte Hybrid-Fahrzeuge, die Elektro- und Verbrennungsmotor in unterschiedlicher Weise kombinieren. Der Verbrennungsmotor kann beispielsweise als Hauptantrieb dienen, während der Elektromotor nur in der Stadt oder an anderen Stellen einspringt, wo Geräuscharmut und Abgasfreiheit gefragt sind. Er kann aber auch als Hilfsantrieb konzipiert sein, wenn die Batterie leer ist, um das Fahrzeug mindestens bis zur nächsten Steckdose zu bringen. Ferner stehen die Konstrukteure vor der Entscheidung, ob sie beide Antriebe direkt und unabhängig voneinander auf die Achsen wirken lassen wollen oder ob sie den Verbrennungsmotor mit einem Generator koppeln, der anstelle von Batterie und Brennstoffzelle die Versorgung des Elektromotors übernehmen kann.

Solche Hybrid-Autos sind in letzter Zeit vor allem in Japan entwickelt worden und haben mit ihrem Erfolg weltweit die anderen Hersteller aufgeschreckt. Die Stromwirtschaft übrigens auch, denn an einer Konzeption, wie sie dem "Prius" von Toyota zugrundeliegt, können allenfalls die Mineralölkonzerne verdienen: Dieses Auto fährt zwar auch mit einem Elektromotor, den notwendigen Strom liefert aber ein normaler Verbrennungsmotor, der je nach Bedarf ein- oder abgeschaltet wird. Seit Beginn der Serienfertigung vor zwölf Jahren wurden vom "Prius" 1,2 Millionen Stück verkauft. Toyota beherrscht damit den Markt der Hybrid-Fahrzeuge zu 80 Prozent. Zur Zeit bietet der japanische Hersteller sein Erfolgsmodell in der dritten Version für etwa 25.000 Euro an und baut davon monatlich 50.000 Stück.

Anfang der neunziger Jahre gab es schon einmal eine Elektroauto-Euphorie

Dabei waren es nicht die Japaner, die das Hybrid-Fahrzeug erfunden haben. Deutsche Hersteller experimentierten schon in den siebziger Jahren sowohl mit reinen Elektroautos als auch mit Hybridfahrzeugen. Und schon zu Anfang der neunziger Jahre herrschte eine ähnliche Aufbruchstimmung wie heute. Damals war es vor allem die Stromwirtschaft, die das Elektroauto in Fahrt bringen wollte. Es gab auch schon eine ganze Palette von Fahrzeugen zu kaufen. Zum Beispiel bot VW den "Golf-CitySTROMer" zum Preis von 70.000 Mark an (später waren es noch 60.000 bzw. 50.000 Mark).

Ein entscheidender Anstoß für den weltweiten Bau von Elektroautos kam damals vom US-Bundesstaat Kalifornien, der den Autoherstellern vorschreiben wollte, daß ab 1998 mindestens zwei Prozent ihres Absatzes aus abgasfreien Fahrzeugen zu bestehen habe. Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis auch andere US-Bundesstaaten nachziehen würden (940514). In der Folge wurden diese Vorgaben mehrfach verändert und abgeschwächt. Der damals von den USA ausgehende Impuls machte immerhin deutlich, wie wichtig die Setzung politischer Rahmenbedingungen ist, um die technisch-wirtschaftliche Entwicklung in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Die damaligen Elektroautos waren allerdings meistens nicht von Grund auf neu konzipiert, sondern Benzinfahrzeuge, die man auf Elektroantrieb umgerüstet hatte. Den Strom bezogen sie fast durchweg aus Blei-Batterien (Blei-Säure oder Blei-Gel). Entsprechend bescheiden waren die Fahrleistungen und vor allem die Distanz, die damit zurückgelegt werden konnte. So speiste beim "Golf-CitySTROMer" die Blei-Gel-Batterie einen Drehstrom-Synchronmotor mit einer Leistung von 18 Kilowatt. Die maximale Reichweite im Stadtbetrieb wurde mit 75 Kilometern angegeben, die Höchstgeschwindigkeit mit 100 km/h. Um die Batterie zu schonen, war eine Dieselheizung eingebaut.

In der Regel verfügten die angebotenen Fahrzeuge nicht einmal über eine allgemeine Betriebserlaubnis. Der wagemutige Käufer mußte sein Fahrzeug einzeln genehmigen lassen. Zusätzlich zum hohen Preis des fahrbaren Untersatzes nahm er eine sehr eingeschränkte Nutzbarkeit in Kauf. Ferner riskierte er, bei der Beschaffung eines neuen Akkus oder anderer Ersatzteile im Stich gelassen zu werden.

Enttäuschendes Ergebnis bei Langzeitversuch

Bei einem Langzeitversuch mit 60 Elektrofahrzeugen, der von 1992 bis 1996 im Auftrag des Bundesforschungsministeriums auf der Insel Rügen durchgeführt wurde, waren die Fahrzeuge meistens nicht einsatzfähig (930718). Laut abschließendem Befund eigneten sie sich allenfalls als "Nischenfahrzeuge". Noch schlimmer: Unter Berücksichtigung ihres Verbrauchs und der Emissionen bei der Stromerzeugung waren sie sogar ökologisch ungünstiger als der konventionelle Antrieb mit Verbrennungsmotor (970217).

Die Hoffnung der Stromwirtschaft, sich mit dem Elektroauto einen neuen Absatzmarkt zu erschließen, war unter diesen Umständen eine Illusion. Da half es auch nichts, daß RWE oder das damalige Badenwerk der technischen Innovation nachzuhelfen versuchten (940224). Das Elektroauto bot beim damaligen Entwicklungsstand keine ernsthafte Alternative zum benzingetriebenen Auto. Hinzu hatte nun auch sein Image als umweltfreundliches Vehikel gelitten. Gerade in umweltbewußten Kreisen galten Elektroautos fortan als Trojanisches Pferd der Stromwirtschaft zur Ankurbelung ihres Geschäfts bzw. als "rollende Nachtspeicherheizung".

Vermutlich wurde damals die Entwicklung von Hybrid-Autos nicht ernsthaft genug betrieben, weil die Automobilhersteller ihre Vehikel auch so los wurden und die Stromwirtschaft tatsächlich nur an batteriebetriebenen Fahrzeugen als "rollende Nachtspeicherheizung" interessiert war. Jedenfalls verpuffte der anfängliche Elan in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre – mit Ausnahme der Japaner, die bald darauf den "Prius" präsentierten. in Deutschland beschränkten sich Elektroautos dagegen weiterhin auf traditionelle Nischen wie Golfkarren, Hubstapler, Lieferwägelchen oder Behindertenfahrzeuge. Gelegentlich konnte man auf den Straßen vielleicht noch den einsitzigen "City-El" aus Dänemark sehen, der mit seiner Leichtbauweise auf drei Rädern und einer Motorleistung von 2,5 kW eher ein überdachter Motorroller als ein Auto ist. Ansonsten reüssierte der Elektroantrieb allenfalls bei Fahrrädern.

Aber nun soll sich alles wenden: Mehr als ein Jahrzehnt nach dem enttäuschenden Ergebnis des Langzeitversuchs auf Rügen unternehmen Automobilindustrie und Energiewirtschaft neue Anstrengungen, um das Elektroauto doch noch in Fahrt zu bringen. Als Stimulator und Geldgeber tritt der Staat auf, der sich mit dem Konjunkturpaket II ohnehin die Spendierhosen angezogen hat und eine gute Gelegenheit sieht, etwas für die Förderung von Wirtschaft, Umwelt und Forschung zu tun. Schon in den Eckpunkten ihres Integrierten Energie- und Klimaprogramm vom 5. Dezember 2007 hatte die Bundesregierung ein ganzes Kapitel der "Elektromoblität" gewidmet. Bald darauf startete sie ein Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP), das die Brennstoffzelle für den Antrieb von Elektroautos marktreif machen soll. Ergänzend dazu folgte jetzt im August 2009 der Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität, der eine konzertierte Strategie von Wissenschaft, Industrie und Politik vorsieht, um das klassische Elektroauto mit Batterie und Strombezug aus dem Netz auf ein leistungsfähigeres technologisches Niveau zu bringen.

Man setzt also dort wieder an, wo man in den neunziger Jahren den Rückzug angetreten hatte, nur auf dem etwas höheren Niveau, das inzwischen durch Fortschritte bei der Entwicklung von Batterien und Brennstoffzellen erreicht wurde. Zugleich besteht die Gefahr, denselben Fehler wieder zu machen, indem mit viel Aufwand ein Produkt propagiert wird, das technisch wie preislich eben doch nicht konkurrenzfähig ist. Es klingt leicht komisch, wenn die Stromwirtschaft versichert, daß genug Strom für den erwarteten Siegeszug des batteriegespeisten Elektroautos vorhanden sei. Denn ein wirklicher Durchbruch zur Marktreife von reinen Elektroautos mit Batterien oder Brennstoffzellen ist noch immer nicht in Sicht. Dennoch rechnet die Bundesregierung damit, daß 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren werden. RWE geht sogar von 2,5 Millionen und Siemens von 4,5 Millionen aus. Aufgrund des gegenwärtigen Stands der Technik können damit eigentlich nur Hybride gemeint sein, die zwar auch einen Elektromotor haben, aber weiterhin einen Verbrennungsmotor benötigen.

Links (intern)

zu Elektroautos allgemein:

speziell zur Brennstoffzelle: