Juni 2008

080615

ENERGIE-CHRONIK


Konflikt im "Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft"

Der "Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft" (BDEW) wählte am 18. Juni den Vorstandsvorsitzenden der RheinEnergie AG, Rolf Martin Schmitz, zum ehrenamtlichen Präsidenten. Der 51-jährige ist Nachfolger von Werner Brinker (EWE) und Michael G. Feist (Stadtwerke Hannover), die als frühere Präsidenten des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und des Bundesverbands der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) vor einem Jahr die Fusion der beiden Verbände vollzogen (070617) und seitdem als Doppelspitze den neuen Verband repräsentierten (071015).

Der Wahl von Schmitz gingen verbandsinterne Auseinandersetzungen um die Führungsstruktur und Ausrichtung der Lobbyarbeit voraus. Die vier großen Energiekonzerne, die den Zusammenschluß von VDEW und BGW betrieben (051108) und in dem insgesamt 1800 Mitgliedsunternehmen zählenden BDEW normalerweise das Sagen haben, wollten ursprünglich den früheren Chef von McKinsey Deutschland, Jürgen Kluge, zum neuen Verbandspräsidenten machen. Zugleich sollte aus dem Ehrenamt, das bisher abwechselnd die Chefs von Mitgliedsunternehmen wahrnehmen, eine hauptamtliche Position werden, deren Dotierung sich an den Bezügen von Vorständen der Energiekonzerne orientiert. Als Vorbild galt dabei der Verband der Automobilindustrie, der vor einem Jahr den CDU-Politiker und früheren Verkehrsminister Matthias Wissmann zum obersten Lobbyisten erkor.

Nachdem die Personalie im Februar dieses Jahres bekannt geworden war (080217), regte sich unter den übrigen Mitgliedern des BDEW allerdings heftiger Widerstand, obwohl - oder gerade weil - das üppige Gehalt des neuen Verbandspräsidenten in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro von den Konzernen bezahlt worden wäre. Schon im VDEW und BGW fühlten sich Stadtwerke und andere kleinere Mitglieder von den vier Konzernen untergebuttert (060111). Da half auch nicht viel, daß beim BDEW eine besondere Vertretung für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) eingerichtet wurde (080416). Zu den Opponenten soll Rhein-Energie-Chef Schmitz gehört haben, der bisher einer der vier Vizepräsidenten war.

Für die Wahl Kluges zum hauptamtlichen Verbandschef hätte es zugleich einer Satzungsänderung bedurft. In der Mitgliederversammlung des BDEW verfügen die vier Konzerne aber trotz ihres sonst überragenden Einflusses nur über vierzig Prozent der Stimmen. Nachdem sich abzeichnete, daß sie für die Änderung der Verbandsstruktur keine Mehrheit erlangen würden, gab Kluge zwei Tage vor der Mitgliederversammlung den Verzicht auf die Kandidatur bekannt. "Es gibt im Verband zu viele Einzelinteressen der zahlreichen kleinen Stadtwerke", erklärte er gegenüber der Presse. "Der Verband ist noch nicht reif für die großen Veränderungen, die jetzt anstehen."

Die erste BDEW-Mitgliederversammlung wählte deshalb, wie in der Satzung vorgesehen, einen 50-köpfigen Vorstand, der aus seiner Mitte den RheinEnergie-Chef Schmitz zum neuen Verbandspräsidenten und vier weitere Branchenvertreter zu Vizepräsidenten berief. In ihren Ämtern bestätigt wurden Peter Rebohle (58), Geschäftsführer der Südsachsen Wasser GmbH, und Bertold A. Bonekamp (57), Mitglied des Vorstands der RWE AG. Neu ins Präsidium gewählt wurden Bernhard Reutersberg (54), Vorstandsvorsitzender der E.ON Ruhrgas AG, und Claus Gebhardt (59), Geschäftsführer der Stadtwerke Augsburg. Die beiden Gründungspräsidenten Werner Brinker (56) und Michael G. Feist (58) gehören dem BDEW-Präsidium als Gäste weiterhin an.

Nach dem Verzicht auf die Installierung eines geschäftsführenden Verbandspräsidenten dürfte es nun zu Veränderungen in der Geschäftsführung des BDEW kommen. Bisher obliegt diese noch den beiden früheren Hauptgeschäftsführern von VDEW und BGW, Eberhard Meller und Wolf Pluge. Dem neuen Präsidium, das die Personalie beschließen wird, gehören sie nicht mehr an.

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