Oktober 2004

041013

ENERGIE-CHRONIK


"Bonjour Paresse" denunziert die verkrusteten Strukturen der EDF

Ein Buch mit dem Titel "Bonjour Paresse" ("Guten Tag, Faulheit"), das den bürokratischen Leerlauf in Großunternehmen denunziert und sich dabei vor allem von den Zuständen bei der Electricité de France (EDF) inspirieren läßt, ist in Frankreich zum Bestseller geworden und belegte im Oktober auf der Liste der meistverkauften Bücher den vierten Platz. Die Verfasserin, Corinne Maier, ist Wirtschaftsforscherin bei der EDF. Sie gehört somit selbst zu jenen "cadres", deren Alltag und Gemütsverfassung sie beschreibt. In ihrem mehr atmosphärisch als intellektuell überzeugenden Buch beschreibt sie die berufliche Tristesse des mittleren Managements, das seine Positionen nicht durch Können und effektive Arbeit, sondern durch die erfolgreiche Anpassung an die kafkaesken Zwänge eines verbürokratisierten Apparats behauptet. Sie verdichtet dies zu der satirisch überspitzten These von der "Kunst und der Notwendigkeit, in einem Unternehmen so wenig wie möglich zu tun". Unter anderem gelangt sie zu der Erkenntnis, daß "Unternehmenskultur" nichts weiter sei als die "Kristallisierung der Dummheit einer Gruppe von Menschen in einem gegebenen Augenblick".

Zunächst wollte die EDF die Autorin des Pamphlets belangen, da Corinne Maier zwar nicht explizit die Zustände bei der EDF schildert, dem Leser aber als Angestellte des Unternehmens vorgestellt wird. Die Unternehmensleitung verzichtete dann aber auf die Strafaktion, weil das Buch einen ungeahnten Erfolg erzielte und ein Vorgehen gegen die Autorin lediglich eine noch größere Publizität bewirkt hätte.

Pierre Gadonneix neuer EDF-Chef

Die französische Regierung ernannte am 15. September den bisherigen Chef von Gaz de France, Pierre Gadonneix, zum neuen Präsidenten der Electricité de France (EDF). Die Amtszeit des bisherigen Präsidenten Francois Roussely war am 11. Juli abgelaufen. Um die Neubesetzung des Postens gab es monatelang einen Streit innerhalb der Regierung: Wirtschaftsminister Nicolas Sarkozy wollte den Fachmann Roussely behalten. Premierminister Jean-Pierre Rafffarin drängte dagegen auf einen Nachfolger mit konservativer parteipolitischen Einfärbung. Roussely war 1998 von der sozialistischen Regierung berufen worden. Im Gefolge des Wechsels an der Spitze wurden auch andere Führungspositionen bei der EDF neu besetzt.

"Filiale" EnBW verbesserte sich

Einen Tag nach dem offiziellen Amtsantritt von Gadonneix legte die EDF am 16. Oktober ihr neuestes Halbjahresergebnis vor. Demnach belaufen sich die konsolidierten Schulden des Staatsunternehmens auf gut 24 Milliarden Euro. Über die deutsche "Filiale" EnBW hieß es, ihr Beitrag zur Gesamtbilanz der EDF sei positiv geworden. Unter dem neuen Management sei es ihr gelungen, das Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) mit 442 Millionen Euro annähernd zu verdoppeln und die Nettoverschuldung um über 18 Prozent zu verringern. In Wirtschaftskreisen wird die reale Schuldenlast der EDF allerdings viel höher veranschlagt. Nach Informationen der Zeitung "Les Echos" beträgt sie mindestens 40 Milliarden Euro, wobei die Rentenverpflichtungen noch nicht eingerechnet seien.